Ein typischer Fall von Liebesbetrug: Nachdem sich François* im Internet in Annette* verliebt hat, bittet ihn seine virtuelle Angebetete um Überweisungen in Bitcoin. fedpol hilft den Kantonen, die Transaktionen zurückzuverfolgen und so aufzudecken, wer Annette tatsächlich ist.
Liebesbetrügereien oder Romance Scams, die bei den Kantonspolizeien angezeigt werden, laufen anfänglich oft nach dem gleichen Muster ab: François* unterhält eine Online-Beziehung mit Annette*. Die beiden lernten sich in einem Forum kennen und fanden sofort den Draht zueinander – eine Freundschaft, die schnell zu einer leidenschaftlichen Romanze wurde. Nachdem sie sich einige Monate geschrieben haben, gibt Annette vor, ihren Job verloren zu haben. Die finanziellen Sorgen werden immer grösser und sie bittet François um Hilfe.
Annette führt ein luxuriöses Leben und die Beträge, die François ihr überweist, sind beträchtlich: erst 1'000, dann 5'000 und schliesslich sogar 10'000 Franken. Auf Wunsch von Annette – einer begeisterten Anhängerin von Kryptowährungen – tauscht François diese Beträge in Bitcoin und überweist sie ihr. Im Laufe der Monate fliessen so insgesamt fast 200'000 Franken an seine virtuelle Geliebte.
Nach der x-ten Bitte um finanzielle Unterstützung dämmert es François, dass Annette nicht an ihm, sondern nur an seinem Geld interessiert ist. Er alarmiert die örtlichen Behörden, die für solche Fälle von Liebesbetrug zuständig sind. Dieser Fall ist besonders, weil er mit Kryptowährungen zu tun hat. Und hier kommt fedpol ins Spiel. Die kantonalen Behörden bitten die Fachpersonen von fedpol um Unterstützung, um die Spur der Bitcoins bis zur Täterschaft zurückzuverfolgen.
In den Jahren 2020 und 2021 unterstützte fedol die Kantone regelmässig bei der Suche nach den Urheberinnen und Urhebern von Betrügereien oder Scams, bei denen Krypowährungen verwendet wurden. Das Ziel: die Transaktionen analysieren, um die Täterschaft identifizieren zu können. Mithilfe verschiedener Tools und spezifischem Fachwissen verfolgen die Analystinnen und Analysten die Transaktionen bis hin zu den «Exchanges»: den Online-Wechselstuben, die den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen anbieten.
Annette geht äusserst raffiniert vor: Bei einigen Zahlungen ist es unmöglich, ein spezifisches Finanzinstitut ausfindig zu machen, die Zahl der Transaktionen vermehrt sich, einige Beträge bleiben nach ihrer Überweisung durch das Opfer unangetastet. All das dient dazu, die Spuren zu verwischen. Die Ermittlerinnen und Ermittler suchen nach der berühmten Nadel im Heuhaufen – nach einem Detail, das sie zu den Ganoven führen könnte. Das ist aufwändig, aber dank der Informationen des Kantons, der Kenntnisse seiner Fachpersonen und modernster Tools kann fedpol die von der Täterschaft verwendeten «Exchanges» identifizieren und die Informationen an den Kanton weiterleiten. fedpol hat einen Teil des Schleiers gelüftet: Jetzt, da die wahren Urheber der Transaktionen bekannt sind, können die Ermittlungen im Kanton weitergehen.
Kriminelle nutzen Kryptowährungen nicht nur für Online-Betrug. Die Optionen sind vielfältig: Diese Währungen können ebenso für Erpressungen, Korruption oder Terrorismusfinanzierung verwendet werden. Attraktiv für Kriminelle ist die Anonymität der Transaktionen, die mit solchen Währungen durchgeführt werden. Aber diese Anonymität ist glücklicherweise nur relativ. Mit genügend Know-how und den richtigen Tools gelingt es manchmal, die Personen ausfindig zu machen, die die Transaktionen unter einem Pseudonym durchgeführt haben. Eines steht fest: Da Kryptowährungen immer häufiger verwendet werden, wird die Kriminalität im Zusammenhang mit solchen Währungen weiterhin die volle Aufmerksamkeit von fedpol, aber zunehmend auch der Kantone erfordern.
* Namen geändert