Bankomatsprengungen: Das Ausmass der Schäden ist enorm.

FORmidable Spurensuche

«Wie wenn eine Bombe eingeschlagen hat» – so sieht es aus, wenn die Spezialisten des Forensischen Instituts Zürich (FOR) am Tatort einer Bankomatsprengung eintreffen. Dass sie im explosiven Wirrwarr kühlen Kopf bewahren, ist für die Ermittler von fedpol Gold wert.

Immer öfter verwenden Bankomatsprenger immer mehr und immer potenteren Sprengstoff. Die Folgen: komplett zerstörte Bankomaten und enorme Sachschäden rundherum. Die ausrückende Polizei stösst auf eingestürzte Mauern, zerbrochene Scheiben.

Irgendwo dazwischen und darunter das, was vom Sprengsatz übrig ist: Splitter des Zünders, Überreste von Klebeband, Kabel – der Tatort gleicht einem Puzzle mit unterschiedlich grossen und verschiedenartigen Teilen.

Diese richtig zusammensetzen und so einen entscheidenden Beitrag für erfolgreiche Ermittlungen liefern: Das ist das Spezialgebiet des Forensischen Instituts Zürich (FOR).

Freeze!

19 Mal rückt das FOR 2021 nach Bankomatsprengungen aus. Bevor sie mit der Spurensicherung loslegen, heisst es: «Freeze!» Keiner bewegt sich, bis die Spezialisten der Schweizer Entschärferstützpunkte* mögliche Gefahren identifiziert und entschärft haben. Immer wieder kommt es vor, dass Sprengladungen am Tatort zurückbleiben, weil die Bankomatsprenger gestört werden oder die Zündung versagt.

Normalerweise jedoch ist vom Sprengstoff selbst praktisch nichts mehr übrig. Bei der Explosion zersetzen sich die verschiedenen Chemikalien. Übrig bleiben feinste Rückstände, die von blossem Auge nicht erkennbar sind. Genug für die Expertinnen vom FOR, die mikroskopisch kleine Spuren asservieren und mit Watterondellen Schmauchabriebe sichern.

Später im Labor werden diese analysiert. Das Ziel: Die Zusammensetzung des verwendeten Sprengstoffs bestimmen und den Aufbau der verwendeten Sprengladung rekonstruieren.

Aus Schutt und Asche werden Ermittlungsansätze

Das liefert den fedpol-Ermittlern Hinweise darauf, welche Gruppierung hinter einer Bankomatsprengung steckt, ob es Zusammenhänge zu anderen Fällen gibt. Denn die bisherigen Ermittlungen belegen: Die in der Schweiz aktiven Gruppierungen sind auf bestimmte Sprengmethoden spezialisiert. So sichert das FOR 2021 an mehreren Tatorten…

  • …Überreste von Sprengvorrichtungen, die der «Pizza-Slide-Methode» zugeordnet werden können. Dabei führen die Täter vorbereitete Sprengstoffladungen mithilfe einer oder mehrerer Metallstangen ins Notenfach ein.

  • …Überreste improvisierter Zündmittel. Diese werden von Bankomatsprengern zweckentfremdet und für die Zündung ihrer selbstgebastelten Sprengsätze verwendet.

Mittels chemischer Analysen oder unter dem Mikroskop – Stück für Stück rekonstruieren die Spezialisten vom FOR Bankomatsprengungen. Und so werden aus einem Haufen Schutt und Asche wertvolle Ermittlungsansätze für fedpol.

* Die «Ersten» am Tatort

Das Forensische Institut Zürich oder kurz FOR, ist die spezialisierte Einheit in der Schweiz, wenn es um forensische Analysen von Kriminalfällen mit Sprengstoff geht. Im Vordergrund: Die chemisch-analytische Bestimmung der Explosivstoffe sowie die Rekonstruktion der verwendeten Sprengvorrichtungen. Für die eminent wichtige Gefahrenabwehr nach Bankomatsprengungen rücken die Sprengstoffspezialisten des FOR zusammen mit den kantonalen Entschärfereinheiten aus. In der Schweiz existiert ein nationales Stützpunktkonzept mit den spezialisierten Einheiten BEX (Kantonspolizei Bern), NEDEX (Kantonspolizei Genf und Waadt) und dem Entschärfungsteam der Kantonspolizei Tessin. Sie rücken bei Vorfällen in ihren jeweiligen Zuständigkeitsgebieten aus.